ONLINE-VIDEOPREMIERE
10. Oktober, 19 Uhr
Philipp Modersohn
Stone Trek
2021
6:24 min, dt. (eng. UT)
Die Ankunft der Menschen im Weltraum schuf zugleich einen Blick zurück auf den Erdplaneten, auf seinen lebendigen Organismus und die Politiken des Terrestrischen. Der große Refraktor der Archenhold-Sternwarte bohrt sich in den Himmel. Hier aber wird das Teleskop weich wie ein Rüssel und wühlt sich in den Boden des Treptower Parks. Nach einer filmischen Reise durch die Sedimente der Menschheits- und jüngeren Erdgeschichte entwickeln die Erzeugnisse der Bohrung ein Eigenleben: Im Dunkel winden sie sich wurmartig, um anschließend durch das Rohr des Refraktors ans Tageslicht zu gelangen.
Die digital animierten Bohrkerne (Ausgangsmaterial sind reale Bohrungen in Berlin) bewegen sich in einer undefinierten Choreographie über Plätze und Architekturen von der Sternwarte in den Stadtraum hinein. Die weichen, ziellosen Formen konterkarieren den historischen Geist des Ortes, die Logik von imperialer Eroberung und wissenschaftlichem Vorstoß der Berliner Gewerbeausstellung 1896, für die der Refraktor erstmals aufgestellt wurde.
Eine Stimme aus dem Off beschreibt die Sedimente der Kolonialausstellung und der Kalt- und Warmzeiten. Der Text des Dichters Daniel Falb beruht auf Recherchen zur Überlagerung von regionaler Historie und geologischer Zeit. Die Erzählung endet in einer Welt, in der die menschliche Spezies noch nicht entstanden ist, in einer Zeit bzw. bei einer Sedimentschicht, welche die ganze Potentialität der Menschheitsgeschichte noch enthält – auch die unrealisierter Möglichkeiten und anderer denkbarer Geschichtsverläufe.
PHILIPP MODERSOHN, 1986 in Bremen geboren, sucht in seinen Skulpturen, Filmen und Installationen nach der Lebendigkeit der Dinge, die uns umgeben und beeinflussen. Indem er sie mit Systemen und Strukturen der gesellschaftlichen Organisation konfrontiert, befragt er die Trennung zwischen Biologie und Geologie oder zwischen Leben und Nicht-Leben.