24. Oktober 2021, 19 Uhr
PPKK (Schönfeld & Scoufaras)
PPKK 07.00
2021
124 min, eng. OV
Im Jahr 1896 fand auf dem Gelände des Treptower Parks die Große Berliner Gewerbeausstellung statt. In Form und Umfang einer Weltausstellung mehr als ähnlich, präsentierte sie die Macht Deutschlands durch seine industriellen Errungenschaften und demonstrierte seine koloniale Potenz. Zu dieser Gewerbeausstellung gehörten die Archenhold-Sternwarte mit dem Großen Refraktor als ihrem technologischem Herzstück und die Deutsche Kolonialausstellung, in der unter anderem lebende Menschen aus kolonisierten Gebieten gezeigt wurden. PPKK schließt diese beiden Elemente der Gewerbeausstellung kurz, um ihre koloniale Vergangenheit auszutreiben und sie gegen viel bessere Inhalte einzutauschen: In der Archenhold Sternwarte astromentalisiert PPKK freiwillige menschliche Performer, um den Diskurs der Geschichte seriell zu refraktieren.
Zu diesem Zweck wird der freiwillige menschliche Refrakteur an eines der Teleskope der Sternwarte angeschlossen, das auf das 125 Lichtjahre entfernte Doppelsternsystem Algieba gerichtet ist und so die elektromagnetische Strahlung aus dem Jahr 1896 importiert. Dies führt zu einer astromentalen Zeitreise. Gleichzeitig trägt der freiwillige Refrakteur eine Umkehrbrille, die 1896 von George M. Stratton erfunden wurde. Dadurch wird die Welt auf den Kopf gestellt und eine totale innere Reflexion (TIR) ermöglicht.
Derweil der Refrakteur die stellare Zeitreisestrahlung absorbiert und sich in die totale interne Reflexion (TIR) begibt, liest er laut eine ihm zugewiesene Passage aus dem 1896 veröffentlichten Buch „The suppression of the African slave-trade to the United States of America“ von W.E.B du Bois* vor. Die Welt steht auf dem Kopf, aber das Buch ist richtig herum gedreht. Die Lesungen der Refrakteure werden gefilmt, als aktualisierter historischer Inhalt exportiert und im Oktober 2021 erstmals im Web veröffentlicht.
PPKK überträgt 50% seines Produktionsbudgets an den Berlin Postkolonial e.V.
*Wilhelm Edward Burkhardt du Bois (23. Februar 1868 – 27. August 1963) war ein amerikanischer Soziologe, Sozialist, Historiker, Bürgerrechtler, Panafrikanist, Autor, Schriftsteller und Herausgeber. Er absolvierte sein Studium an der Universität Berlin und in Harvard, wo er als erster Afroamerikaner promovierte.
PPKK ist ein zwangloses nomadisches Labor, das 2016 von Sarah Ancelle Schoenfeld und Louis-Philippe Scoufaras in Berlin gegründet wurde, um spezifische (lokale) Kontexte zu analysieren, zu reflektieren und zu verdauen, um mythologische, technologische und exzessive Trickster Outputs zu generieren, um Perspektiven zu verschieben und fruchtbar neue Interpretationen zu ermöglichen.